Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass Pflichtbeiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung nur dann steuerfrei an eine Person zu erstatten sind, wenn nach deren Ausscheiden aus der Versicherungspflicht mindestens 24 Monate vergangen sind und die Versicherungspflicht nicht erneut eintritt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese Wartefrist in einem neuen Urteil nun ausdrücklich verworfen. Geklagt hatte ein angestellter Rechtsanwalt, der über Jahre hinweg monatlich Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk geleistet hatte. Ein halbes Jahr, nachdem er in ein (versicherungsfreies) Beamtenverhältnis gewechselt und aus der Anwaltschaft ausgeschieden war, erhielt er vom Versorgungswerk der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern eine Erstattung von 90 % seiner geleisteten Pflichtbeiträge. Das Finanzamt setzte die Erstattung als sonstige Einkünfte mit einem Besteuerungsanteil von 66 % an und wies darauf hin, dass die für die Steuerfreiheit erforderliche Wartefrist von 24 Monaten nicht eingehalten worden sei.
Der BFH gab dem früheren Rechtsanwalt nun recht und urteilte, dass die Erstattung von Pflichtbeiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung unabhängig von einer Wartefrist steuerfrei bleibt. Darüber hinaus wies er darauf hin, dass die erstatteten Beiträge auch nicht von den im Erstattungsjahr geleisteten Sonderausgaben des Mannes abgezogen werden durften. Eine solche Verrechnung war nicht zulässig, weil es sich bei den geleisteten Sonderausgaben um Krankenversicherungsbeiträge und somit um andere Sonderausgaben als die erstatteten Pflichtbeiträge gehandelt hatte.
Hinweis: Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung ihre Wartefrist in Anbetracht der gegenläufigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nun aufgeben wird.